Beschreibung
Oekom-Verlag 2025, herausgegeben von Yannick Kiesel
Mitten in der Steppe Ostkasachstans, nahe der heutigen Stadt Semei, liegt eines der folgenreichsten Testgebiete der Menschheitsgeschichte: das ehemalige sowjetische Atomtestgelände Semipalatinsk,
auch einfach „Polygon“ genannt. Zwischen 1949 und 1989 testete die Sowjetunion dort 456 Atomwaffen – 116 davon oberirdisch. Das Testgelände erstreckte sich über eine Fläche von 18.500 Quadratkilometern. Was zunächst als militärisches Sperrgebiet ausgewiesen wurde, befand sich in unmittelbarer Nähe zu bewohnten Regionen. Mehr als eine Million Menschen lebten im Einflussbereich der Tests. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 und der Öffnung von Archiven wurde das gesamte Ausmaß der Tests und der damit verbundenen Strahlenbelastung öffentlich bekannt. Die Nachwirkungen der Explosionen prägen das Leben vor Ort bis heute: Leukämie, Schilddrüsenkrebs, Unfruchtbarkeit und genetisch bedingte Fehlbildungen treten in der Region signifikant häufiger auf als anderswo im Land. Das Buch ist ein Aufruf an uns alle, nicht wegzusehen. Während in Europa und Nordamerika oft abstrakt über Atomwaffen diskutiert wird, sind die Folgen in Kasachstan konkret, lebensnah und dauerhaft sichtbar. Das ehemalige Testgelände von Semipalatinsk ist heute ein Mahnmal – ein Ort, der zeigt, wie grausam und rücksichtslos Atompolitik sein kann, wenn sie auf dem Rücken von Menschen betrieben wird.